Das Märchen der gerechten Erbschaftssteuer
Von Fabian Schnell, Geschäftsführer HEV Aargau
Nicht zum ersten Mal stimmt das Schweizer Stimmvolk am 30. November 2025 über die Einführung einer nationalen Erbschaftssteuer ab. Die Initiative der Jungsozialisten (JUSO) verlangt, Nachlässe und Schenkungen über 50 Millionen Franken mit einem Satz von 50 Prozent zu besteuern. «Gerechtigkeit» lautet das Schlagwort – schliesslich erhalte man Erbschaften ja «ohne Leistung». Doch dieses Argument greift ins Leere: Es blendet die elementaren Eigentumsrechte des Erblassers aus und würde gerade jene bestrafen, die sorgfältig vorsorgen und Werte für kommende Generationen erhalten, statt ihr Vermögen zu verjubeln.
Gefahr der Doppelbesteuerung
Kommt hinzu, dass eine zusätzliche Erbschaftssteuer in der Schweiz schlicht überflüssig ist.Denn im Gegensatz zu den meisten anderen Ländern verfügen wir hierzulande über eine – für den Fiskus notabene bedeutende – Vermögenssteuer. Ökonomisch ist sie nichts anderes als eine Erbschaftssteuer auf Raten: Jahr für Jahr abgeschöpft, statt auf einmal beim Erbgang. Wer also eine neue Erbschaftssteuer fordert, verlangt im Grunde eine Doppelbesteuerung.
Wie absurd das wäre, zeigt eine Studie der Universität St. Gallen. Sie rechnet vor: Eine Erbschaftssteuer von 50 Prozent entspricht einer jährlichen Vermögenssteuer von rund 1,5 Prozent. Dies unter der Annahme, dass ein Erbgang im Durchschnitt alle 35 Jahre erfolgt und er jährliche Vermögenszuwachs rund ein Prozent beträgt. Zum Vergleich: Selbst im Kanton Genf, der schweizweit die höchste Vermögenssteuer kennt, liegt der maximale Grenzsteuersatz heute bei rund 1 Prozent – also dem Gegenwert einer Erbschaftssteuer von gut 30 Prozent. Wer beides kombiniert, kommt zwangsläufig bei einer faktischen Enteignung an.
Hochgradig ungerecht
Besonders dramatisch trifft es Familienunternehmen. Ihr Vermögen steckt meist nicht in barer Liquidität, sondern in Betrieben, Arbeitsplätzen, Maschinen, Immobilien. Stirbt ein Eigentümer zum «falschen Zeitpunkt» – womöglich sogar in kurzer Folge innerhalb einer Familie –, drohen ruinöse Steuerforderungen. Betroffene Familien würden also nicht nur ein Schicksalsschlag treffen, sondern wäre gleich doppelt bestraft: vom Tod und vom Fiskus. Gerechtigkeit sieht anders aus.
Die Schweiz verfügt heute über ein ausgewogenes Steuersystem, in dem die Vermögenssteuer zurecht eine wichtige Rolle spielt. Eine ideologisch motivierte Mehrfachbelastung, die erfolgreiche Unternehmer bestraft und starke Steuerzahler vertreibt, brauchen wir ganz sicher nicht.
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